Schreibübung: Alles muss raus

15.01.2023

Da es mir in letzter Zeit irgendwie hilft, stelle ich euch hier das Schreiben vor, das alles rauslassen darf. Eine Schreibübung, die ein bisschen wie Tagebuchschreiben oder Morning Pages funktioniert.


Wann immer ich das Gefühl habe, dass mein Kopf so voller umherirrender Gedanken ist, dass meine Konzentration nachlässt, dass ich mich in Gedankenkreisen verliere, dass ein überbordendes Gefühl mich im Griff hat und Ähnliches − greife ich auf diese Schreibübung zurück. Die Idee stammt nicht von mir, ich habe mir die Übung aber ein bisschen zu eigen gemacht.

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit greife ich hier aufs Tippen zurück statt auf das handschriftliche Schreiben, weil es um Schnelligkeit geht. So schnell, wie die Gedanken kommen, so schnell sollen sie aufgeschrieben werden. Alles, was in meinem Kopf gerade herumschwirrt, darf raus. Ich persönlich kann da tippend auf der Tastatur besser mithalten als mit dem Kugelschreiber auf dem Blatt Papier − und dabei darf komplett klein geschrieben werden und ohne Kommata, Punkte, richtige Schreibweise etc. Denn es geht ja um das, was ich aufschreibe − all das aus meinem Kopf, was mir in diesem Moment zu viel ist.

Wann "dieser Moment" ist, entscheide ich spontan, es muss kein Morgenritual sein, keine festgelegte Stunde, die nur für dieses persönliche Schreiben reserviert ist. Für mich ist diese Schreibübung einfach eine Methode, um mit Gefühlen klarzukommen oder meinen Kopfstress zu beruhigen, sobald er auftaucht. Dafür ist es natürlich hilfreich, wenn ich nahezu den ganzen Tag über etwas zu schreiben in Reichweite habe.

Ich schnappe mir also jeden Gedanken, der umherrast, und tippe ihn aufs virtuelle Blatt, nehme ihm damit seine beängstigende Größe und ziehe ihn aus dem Gedankenverkehr hinter meiner Stirn. Egal wie unwichtig, merkwürdig, schwer, peinlich ein Gedanke ist oder wie oft er auftaucht, in welchen wiederholenden Varianten auch immer, er wird abgetippt. Ebenso jedes Gefühl, das mich mit all seiner Schwere überschwemmt. Es wird so lange geschrieben, bis der Kreisel in meinem Kopf frei ist und das, was mir ein paar Minuten zuvor noch Stress gemacht hat, sich jetzt nicht mehr so beängstigend anfühlt. Weil es aufgeschrieben ist, sagbar, analysierbar, widerlegbar ist.

Wichtig für diese Übung ist, ohne jeglichen Anspruch an irgendein Stilniveau zu schreiben, und dabei so schnell zu sein, dass keine kritische Instanz aus dem Hinterstübchen sich melden und Dinge vorwerfen kann, wie: "Dieses Wort benutzt du jetzt schon zum vierten Mal − wie klein ist denn bitte dein Wortschatz?!".
Schon das Rausschreiben von allem, was im Kopf schreit, bringt eine erleichternde Ruhe; gleichermaßen lässt es Gefühle abebben, wenn sie aufgeschrieben werden, diverse Ängste, Zweifel, Schatten von früher etc. Das ist der Effekt auf mentaler Ebene.
Danach gönne ich mir, das, was ich mit nun freiem Kopf und Herz beobachte oder mir in den Sinn kommt, ebenfalls aufzuschreiben − auch hier wieder ohne irgendeinen Anspruch, sondern ganz spielerisch, frei, einfach mit Lust am Erzählen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich diese Schreibübung in den Schreibflow bringt. Nach dieser Übung habe ich mich sozusagen "eingeschrieben" − und mit der einkehrenden Klarheit im Kopf und mit offenem Herzen für jegliche Idee überkommt mich meistens sogleich auch Lust, an einem meiner Projekte weiterzuschreiben.


Vielleicht hilft das einigen von euch auch. Oder ihr praktiziert vielleicht schon eine ähnliche Schreibübung? Schreibt mir gerne, wie ihr das handhabt, bzw. ob ihr überhaupt solche Schreibübungen macht, das würde mich sehr interessieren 😊

Herzlich,
eure Melina