Warum deine Geschichte es wert ist, gelesen zu werden
Schlafende Notizbücher, ignorierte Manuskripte in der Schublade, angefangene Geschichten, verstaubte beendete Geschichten. Kommt dir das bekannt vor?
Weißt du noch, wie du dich gefühlt hast, als du mit deiner Geschichte begonnen hast? Erinnerst du dich an dieses euphorische Gefühl, das dich durchflutet hat, als du die erste Idee hattest, die ersten inneren Bilder und Worte, als du die ersten Sätze geschrieben hast?
Wann hast du angefangen
zu zweifeln?
Am Anfang waren Inspiration und Euphorie. Dann wurden sie vertrieben von
Zweifel und Angst. Angst wovor? Davor, dass jemand deine Geschichte liest.
Zweifel woran? Daran, dass deine Geschichte überhaupt eine Berechtigung hat.
Warum hören wir nur immer
auf die Stimmen in unserem Kopf, die uns unsere Leidenschaft vermiesen wollen?
Deine Geschichte − begonnen oder beendet − ist es wert, erzählt zu werden.
Zuerst erzählt sie sich dir, diese besondere Welt mit ihrem besonderen Geschehen und den involvierten Figuren. Sie möchte, dass du ihr bis zum Ende zuhörst, genau lauschst, wohin sie dich führt, in welche Winkel ihrer Welt, zu welchen Abgründen und Höhepunkten ihrer Figuren.
Und sie möchte aufgeschrieben werden.
Dafür hat deine
Geschichte dich, genau dich, ausgewählt, damit deine Hand schreibt, was nur du
schreiben kannst.
Wäre die Anfangsidee
dieser Geschichte jemand anderem gekommen, wäre sie in anderer Form erzählt und
aufgeschrieben worden. Nicht so, wie du es kannst.
Sei dankbar für die Idee,
sei dankbar für die Geschichte, die nicht nur zu dir gekommen ist, damit du
losschreibst, sondern auch, weil du etwas von ihr lernen kannst. An jeder
Geschichte, die wir lesen, an jeder Geschichte, die wir schreiben, wachsen wir.
Deine Geschichte hat dich auserwählt −
ist das nicht Grund genug, um
dranzubleiben?
Aber, sagen jetzt die Zweifel, gelesen werden −
das ist etwas anderes. Das ist
zu gefährlich, uns nach draußen zu trauen mit unserer Geschichte, wo sie
bewertet werden kann und wird, wo wir Kritik ausgesetzt sind.
Lass mich dir eines versichern: Deine Geschichte will nicht nur erzählt und
aufgeschrieben werden. Sie möchte auch gelesen werden, geteilt werden. Denn in
jeder Geschichte steckt etwas, das irgendjemand da draußen braucht: eine Botschaft,
Inspiration, irgendetwas, was für diesen jemand von Bedeutung sein, eine
Erkenntnis hervorrufen wird, vielleicht ist genau deine Geschichte das, was
denjenigen aus einem Loch ziehen oder auf einen neuen Weg bringen wird.
Erinnere dich an das Schreibadrenalin in dir, an deine Begeisterung für deine
Welt und deine Charaktere, an all das, was von dir in deine Geschichte
miteingeflossen ist.
Glaubst du wirklich, das sei nichts wert? Nicht mehr als ein weggeschlossenes,
niemandem zugängliches Manuskript?
Deine Geschichte ist es wert, gelesen zu werden, weil Geschichten nicht uns
allein gehören.
Es gibt die, die schreibt, den, der erzählt, und diejenigen,
die lesen und zuhören. Eine Geschichte wird erst lebendig, wenn sie uns allen
zugänglich ist. Weil wir eine Geschichte beim Lesen zu unserer eigenen machen,
indem wir sie mit unserem individuell gefärbten Blick in uns aufnehmen. Das
kann zu Kritik vonseiten der Lesenden führen, was aber für dich nur ein Zeichen
ist, dass die Geschichte etwas bewegt, wenn sie auf etwas Bestimmtes in den
Lesenden trifft. Es wird dir jedoch auch Leser*innen bescheren, in denen deine
Geschichte etwas berührt hat, das sie zu deinen treuen Unterstützer*innen macht.
In unserer heutigen Welt existieren Millionen von Geschichten und es werden immer mehr. Ein einzelner Mensch kann nicht alle davon konsumieren. Doch es ist das Recht jedes*jeder einzelnen, die Geschichte zu erzählen, die darauf drängt, erzählt zu werden. Denn es wird immer mindestens eine Person geben, die genau diese Geschichte in ihrem Leben braucht.
Traut euch, sichtbar zu werden, meine lieben Geschichtenerzähler*innen!
Trauen wir uns gemeinsam.